Defari – Interview von 1998

Die erste Single, die man mit Defari in Verbindung brachte, war Peoples Choice. Ich war hellauf begeistert von der Maxi und war außer mir als mich die Plattenfirma TommyBoy anrief, ob ich Interesse hatte ein Interview mit Ihrem Neuzugang Defari zu machen … Hier seht Ihr nun das Ergebnis:

 

Ist das Dein erster Besuch in Deutschland?
Ja, das erste Mal. Ich war in Kanada, Mexiko, aber hier war ich noch nie. Ich freue mich wirklich hier zu sein.

 

Ich weiß aus Deiner Biographie, daß Defari Jeru, Pharao und göttlicher Sohn bedeutet. Wieso hast Du diesen Namen gewählt und was ist Deine Verbindung zur ägyptischen Kultur.
Der Name Fari wurde mir von älteren Leuten am College gegeben. Ich kombiniere meine B-boyness mit Fari. Das hat zwei Bedeutungen, Defari bedeutet „der königliche“. Aus der B-Boy-Perspektive bedeutet Defari auch „def-are-i“, Du weißt was ich meine? Jeru war der göttliche Sohn von Isis und Osiris. Den Hauptkontakt zu Ägypten habe ich durch Bücher, bis jetzt nichts wirklich Physisches. Ich würde gerne mal hinfahren.

 

Ich denke Hip Hop ist auch ein Weg den Leuten etwas beizubringen. Wie siehst Du die Möglichkeit Kids über Hip Hop etwas beizubringen im Vergleich zur Schule?
Mit Hip Hop erreicht man mehr Menschen. Du hast vielleicht eine größere Verantwortung. Als Lehrer hast Du nur deine Klasse, aber im Laufe der Zeit sind das hunderte von Leuten. Da sind einige Parallelen. Ich glaube Hip Hop bringt Kids eher etwas über das Leben bei. Es ist ein Weg, Deine Ideen zu verbreiten. Du kannst da zwischen Defari, Gangsta-Rap, M.O.P. oder Bone-Thugs wählen. Das Publikum hat dich als Künstler ausgewählt, so ist dein Einfluß größer als in einem Klassenzimmer.

 

Siehst Du Dich selbst als role-model?
Ja, definitiv. Ich kann nichts dagegen machen. Wie bei dem Album Focus Daily, da präsentiere ich auch, was ich so täglich mache, und ich lüge die Leute nicht an. Ich bin nunmal erwachsen, ich gehe auf Parties, gehe etwas trinken. Auf der anderen Seite stehe ich auch für Awareness, Geschichte und die Art, wie ein MC sein sollte. Wenn ich am Mic bin versuche ich nicht zu lehren, weil die Leute dann vielleicht weghören. Ich versuche komplexe Ideen durch mein Wesen und simple Reime zum Ausdruck zu bringen. Das ist die Herausforderung.

 

Jeder Schüler an Deiner Schule wird wohl von Deiner Karriere als Rapstar wissen. Erwarten Sie auch einen Unterricht im Rapstil?
Die Kinder unterstützen alles Neue. Wenn sie dich kennen verdoppelt sich das nochmal. Wenn ich unterrichte bin ich sehr professionell. Ich bringe meine Rap-Sachen nur selten ein. Es wird aber fast unvermeidlich. Sie sehen mich immer öfter. Wenn ich auf Tour bin, muß ich in der Schule fehlen, das ist verständlich, aber ich liebe die Kinder. Wenn ich irgendwie etwas zurückgegeben kann, versuche ich es.

 

Hast Du genug Zeit für Deinen Beruf und die Musik?
Es wird langsam etwas schwierig. Im Moment kann ich nicht beides miteinander vereinbaren. Du mußt dir bewußt machen, wenn du es mit Kindern zu tun hast, mußt immer 110% geben. Es ist unfair nur deine halbe Zeit zu investieren. Im Moment bin ich auf Promotiontour bis das Album rauskommt. Deshalb mußte ich aussetzen, aber ich habe die Absicht wieder zurückzugehen. Vielleicht nicht im Klassenzimmer, aber ich möchte auch weiterhin mit Bildung und Ausbildung zu tun haben.

 

Wenn Du Geschichte unterrichtest, befaßt Du Dich dann etwas stärker mit afroamerikanischer Geschichte als das Deinen weißen Kollegen möglich ist?
Ich würde nicht sagen, daß ich mehr mache als ein weißer Lehrer es könnte. Aber die afroamerikanischen Kinder, meine Klasse besteht hauptsächlich aus afroamerikanischen und latino Kindern, haben eine stärkere Beziehung zu mir, weil ich aus ihrer Community stamme. Ich komme aus dem Hood wie sie. Ein Lehrer mit einem guten Verständnis von Lehre und von Geschichte, ob europäisch, afrikanisch oder mexikanisch, sollte den Job gut machen. Das ist die eigentliche Grundlage. Viele Lehrer sagen, du brauchst einen schwarzen Lehrer um schwarze Schüler zu unterrichten, einen weißen für weiße Kinder. Das stimmt nicht. Du brauchst einfach einen guten Lehrer. Ich habe den Vorteil, daß ich einiges über afroamerikanische Geschichte weiß. Ich bin da ziemlich gut. Aber ich baue den Unterricht um die Klasse selbst herum auf. Wir sprechen zum Beispiel über unsere Vorfahren. Ich lehre also über latino-Geschichte, von den Minen, den Inkas und Atzteken, dann gehe ich über zu afrikanischer Geschichte, wie Ägypten, Äthiopien und Mali. Ich versuche ihnen etwas über ihr Erbe beizubringen, daß über die Sklaverei hinausgeht. Etwas positives.

 

Kannst Du uns etwas über den Beginn Deiner Rap-Karriere erzählen?
Ich begann als DJ 1982, da war ich in der siebten Klasse. 1987 begann ich meine eigenen Reime zu schreiben. 1994 traf ich dann die Liquid Crew. Ich machte einen Song Big Up mit E-Swift. Seitdem war ich immer mit The Liquid zusammen. Ich machte zwei Independent-Singles Bionic mit Changing Swift und da kam People’s Choice mit Bottom Line. Im Mai 1998 unterschrieb ich dann den Vertrag mit Tommy Boy und veröffentlichte Never Lose Touch, unsere erste Single. Jetzt kommen wir mit einer neuen Single und einem Video. Das Album soll im Januar kommen.

 

Kannst Du uns etwas über das Album erzählen? Wer produzierte und wer wird gefeatured?
Ich habe einen Song mit X-zibit, der heißt Thunder And Lightning, einen mit Tha Alkholiks und Fear To Agony namens Liquid Connection. Ein Song, Focus Daily, ist mit Evidence von Dialated People. Ein neuer MC, Chocolate Tie von den Barbershop MCs ist bei dem Song No Clue vertreten. Eigentlich ist es ein Solodebut. Evidence produzierte acht Songs, E-Swift von den Alcoholics vier, Alchemist von Souless Ass machte drei und Barbershop Driving produzierte einen Song. Meine Introduction ist vom weltberühmten DJ Revolution von der Wake-Up-Show.

 

Du kommst aus LA. Was hälst Du von Gangsta-Rap, wie Cube, Snoop und Dre? Hast Du Kontakt zu ihnen?
In erster Linie mag ich Gangsta-Rap. Hab‘ ich schon immer. Leute wie King Tee, der kommt jetzt mit einem neuen Album raus, Kingdom Come, auf Aftermath. Above The Law oder MC Eight, N.W.A., Dogg Pound und Snoop. Ich liebe all dieses Zeug. Ich habe eine gute Beziehung zu Ihnen. Wenn ich eine Live-Show mache, wie im House Of Blues, das war für eine King Tee Release-Party, da sind dann alle Gangstas und Thugs. Sie gaben mir einfach mad love and respect.

 

Wie kommt es, daß Deine Musik und die Musik der Liquid Crew mehr von der East-Coast beeinflußt ist, nicht typisch West-Coast?
Viele Leute sagen das. Es gibt diesen Stereotyp des Gangsta-Rap für Los Angeles. Die Leute machen sich nicht bewußt, daß es Musik ist. Du könntest auch in Minnesota sein. Es ist kein East-Coast-Sound nur weil du harte Beats und Lyrics hast. Auf meinem Album hörst Du Elemente aus meinem Hintergrund. Jemand der sagt, mein Album sei purer East-Coast-Hip-Hop liegt falsch, es gibt nämlich viele West-Coast-Sound-Elemente. Das Album ist sehr melodisch und rugged zugleich. Die Kombination von allem, was Hip Hop ist. Ich habe zum Beispiel den Song Lowland-Anthem, einen Song über LA. Da gibt es einige wirklich melodische Elemente, nicht traditionell east-coast. Andere Songs sind dann echte Head-Knockers. Ich repräsentiere das universale, nicht irgendeine Küste. Ich laß‘ die Leute aber auch wissen, woher ich komme. Die Liquid Crew repräsentiert rohen Hip Hop aus LA. Die Leute kennen X-zibit und die Alkaholiks, aber bei X-zibit und mir sind die Leute überrascht, daß wir aus LA stammen. Das ist roher Hip Hop, back to the basics.

 

Wie wichtig ist die Hip Hop-Culture heute in LA? Gibt es Graffitti und B-Boying?
Es ist immernoch das gleiche. Viele der Kids haben nicht soviel Ahnung von der Geschichte des Hip Hop. Das ist der Unterschied zwischen ihnen und mir. Ich rede hier von der Masse, es gibt immer neue Sprayer und B-Boys, aber sie sind in der Minderheit. LA ist trotzdem sehr lebendig und LA unterstützt wirklich die Liquid Crew. Wenn wir Shows oder so machen, kriegen wir wirklich mad love.

 

Du bist zwar das erste Mal hier, aber trotzdem: Wie gefällt Dir Deutschland? Kennst Du deutsche Rapper?
Ich habe mir ein paar Musikkanäle angesehen und ein paar Dinge gesehen. Aber so richtig vertraut bin ich nicht mit deutscher Musik. Ich mag Deutschland. Ich mag die Reaktion der Leute auf mich, sogar von den Menschen, die mich gar nicht kennen. Einige kennen Never Lose Touch und People’s Choice. Jedesmal wenn ich spiele, macht die Menge „Ah!“. Ich denke aber sie meinen eher den Song, als mich. Beim Call-and-Response antwortet die Menge und das überrascht mich. Ich dachte nicht das die Leute so gut Englisch könnten. Sie bekommen vielleicht nicht alle Lyrics mit, aber den Flow und meine Performance. Es ist wirklich toll und ich freue mich zurückzukommen. Bei Juggle Me sage ich, „you can go to Germany and ask if they heard of me“. Die B-Boys hier antworten dann sofort. Die haben von mir gehört, daß weiß ich. Juggle Me ist ein Song für die Djs. Das ist der einzige Song vom Album ohne Scratches. Ich habe das mit Absicht gemacht. Ansonsten haben E-Swift und Cutmaster Kurt die meisten Scratches auf dem Album gemacht und auf dem Song These Dreams ist DJ Babu von den Beatjunkies.

 

Gibt es noch andere Rapper die neben ihrer Rap-Karriere einen Beruf ausüben? Ich habe noch nichts davon gehört.
Vielleicht läßt die Tatsache, daß wir beide das noch nicht gehört haben, schon schließen. Wahrscheinlich gibt es einige Rapper mit Jobs, aber wenn die Karriere ins Laufen kommt, müssen sie ihre ganze Zeit investieren. Rap ist eine Sache, wenn du hot bist, bist du heiß und wenn man dann nicht nachsetzt, ist man ganz schnell weg. Du darfst dir nicht zuviel Zeit lassen. Du mußt die Gelegenheit nutzen und dran bleiben. Es gibt viele Geschichten von Leuten, die ihre Karriere so verpaßt haben. In den Achtigern gab es diesen Hit Ring My Bell. Die Frau, die den Song gemacht hat, war eine Lehrerin. Sie nahm den Song auf und er wurde zum Hit, mehr als dreifach Platin. Ring My Bell ist ein alter Dance-Klassiker. Der Song wurde zum Hit, aber sie hatte nie die Absicht es weiterzumachen. Ich schon! Diese Geschichte ist interessant, weil sie aufhörte und eine Weile wegging. Ich habe eine Menge Arbeit in die Musik gesteckt und werde nicht einfach aufhören. Ich sehe mich eher als Arbeiter. Ich arbeite für mein Geld und nach der Arbeit spreche ich mit Menschen und habe keine Star-Allüren. Die Leute machen sich nicht bewußt, daß es heute der dritte Tag ist in Deutschland. Wir waren einen Tag in Dänemark, daß ist also der vierte Abend infolge. Das ist harte Arbeit, man muß auf seine Stimme aufpassen usw. Die Leute sehen ein Video und denken wir trinken Champagner, nein, daß ist nicht Hip Hop.

 

Wenn man Puff Daddy’s Videos sieht, könnte man das denken. Kids, die das sehen denken an Hip Hopper nur noch als Millionäre. Ist das nicht gefährlich?
Ist es. Rap ist jetzt auch dem Level von Rock angekommen. Es ist Mainstream geworden, die echten MCs sind aber kein Mainstream. Ich bin auf dieser Tour mit X-zibit. Er bekam hier in Deutschland eine goldene Platte, und ich traf Cappadonna. Diese Kerle sind kein Mainstream. Sie arbeiten hart und verkaufen Platten, weil sie auftreten und den Leuten geben was sie können. Das will ich auch. Ich will einfach alle wissen lassen, hier bin ich, check these lyrics.

 

Kannst Du etwas über die Dialated People erzählen? Du hast einen Song mit ihnen gemacht.
Ja, auf ihrer ersten Single Third Degree. Das eine heiße Single. Ihre neue Single ist noch besser. Die erste war gut, aber die neue…! Sie heißt Work The Angles. Dialated People sind auf dem richtigen Weg große Dinge zu machen. Im Moment arbeiten sie an einem Album. Ich erzähl‘ euch ein Geheimnis, wir haben ein Remix von Work The Angles gemacht mit AG, Dialated People und Defari. Check for that!

 

Möchtest Du den Menschen in Deutschland noch etwas sagen?
Ja, ganz besonders an die B-Boys und B-Girls: Folgt nur eurem Herzen! Wenn ihr etwas machen wollt, laßt euch von niemandem erzählen, ihr könnt es nicht. Macht es und checkt das Defari-Album!

 

Das Interview wurde von Flummi für Wildstylz of Rap geführt !